Vierteljahrhundert 25. Ein Vierteljahrhundert. Mann bin ich alt. Dabei kommt es mir so vor, als wäre ich gerade vor einer Woche erst 18 gewesen. Und 21 ist gefühlt nur ein paar Tage her, als ich dachte, jetzt fängt das Leben so richtig an. Anfang 20 und die Welt gehört mir. Jetzt bin ich ganz offiziell Mitte 20, und mir gehört nicht viel. Streng genommen gar nichts, denn ich habe für keines meiner Besitztümer arbeiten müssen. Wenn man mal von den gesellschaftlichen Verpflichtungen absieht; und die sind zwar unangenehm, aber mit Schicht am Fließband kann ich die wohl nicht vergleichen.
Ich habe noch nichts erreicht, und noch schlimmer, ich habe immer noch keine Ahnung, was ich überhaupt erreichen will. Die Firma werde ich nicht übernehmen, und es ist nicht besonders wahrscheinlich, dass ich jemanden heiraten werde, der die Firma übernimmt. Die Kandidaten, die meine Eltern ins Auge fassen, können mir alle gestohlen bleiben. Das sind alles Langweiler, die interessieren mich nicht.
Henry interessiert mich. Wenn er endlich zum Sternekoch aufgestiegen ist, kann ich meinen Eltern vielleicht von ihm erzählen, ohne dass sie mich sofort aus dem Haus werfen. Doch auch wenn sie meine Wahl akzeptieren, weiß ich jetzt schon, dass sie enttäuscht sein werden. Mutter ganz besonders. ‘Ein Koch, Liz?’ - ich kann den Vorwurf in ihrer Stimme schon hören. Sie hatte so gehofft, sie könnte mich wenigstens davon überzeugen, jemanden mit einem Adelstitel zu ehelichen. Als ob die heute noch was bedeuten würden, und außerdem, was ist das denn für ein Grund zu heiraten? Nur für ein von und zu im Namen? Lächerlich. Ich will nicht nach drei Jahrzehnten Ehe auf die Scherben meines Lebens blicken müssen, nur weil ich jemanden aufgrund seines gesellschaftlichen Status geheiratet habe. Gerade meine Eltern sollten das doch verstehen, ihre Ehe ist nichts weiter als eine Farce, und wer weiß, wie lange das schon so ist. Nur, weil ich es endlich auch mitgekriegt habe, heißt das nicht, dass das eine neue Entwicklung ist. Ich bin mir sicher, wenn es darum geht, heile Welt zu spielen, legen meine Eltern regelmäßig eine Oscarperformance hin. Das wird mir nicht passieren.
Immerhin, in der Beziehung weiß ich, was ich will. Besser als nix.
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Vierteljahrhundert
25. Ein Vierteljahrhundert. Mann bin ich alt. Dabei kommt es mir so vor, als wäre ich gerade vor einer Woche erst 18 gewesen. Und 21 ist gefühlt nur ein paar Tage her, als ich dachte, jetzt fängt das Leben so richtig an. Anfang 20 und die Welt gehört mir. Jetzt bin ich ganz offiziell Mitte 20, und mir gehört nicht viel. Streng genommen gar nichts, denn ich habe für keines meiner Besitztümer arbeiten müssen. Wenn man mal von den gesellschaftlichen Verpflichtungen absieht; und die sind zwar unangenehm, aber mit Schicht am Fließband kann ich die wohl nicht vergleichen.
Ich habe noch nichts erreicht, und noch schlimmer, ich habe immer noch keine Ahnung, was ich überhaupt erreichen will. Die Firma werde ich nicht übernehmen, und es ist nicht besonders wahrscheinlich, dass ich jemanden heiraten werde, der die Firma übernimmt. Die Kandidaten, die meine Eltern ins Auge fassen, können mir alle gestohlen bleiben. Das sind alles Langweiler, die interessieren mich nicht.
Henry interessiert mich. Wenn er endlich zum Sternekoch aufgestiegen ist, kann ich meinen Eltern vielleicht von ihm erzählen, ohne dass sie mich sofort aus dem Haus werfen. Doch auch wenn sie meine Wahl akzeptieren, weiß ich jetzt schon, dass sie enttäuscht sein werden. Mutter ganz besonders. ‘Ein Koch, Liz?’ - ich kann den Vorwurf in ihrer Stimme schon hören. Sie hatte so gehofft, sie könnte mich wenigstens davon überzeugen, jemanden mit einem Adelstitel zu ehelichen. Als ob die heute noch was bedeuten würden, und außerdem, was ist das denn für ein Grund zu heiraten? Nur für ein von und zu im Namen? Lächerlich. Ich will nicht nach drei Jahrzehnten Ehe auf die Scherben meines Lebens blicken müssen, nur weil ich jemanden aufgrund seines gesellschaftlichen Status geheiratet habe. Gerade meine Eltern sollten das doch verstehen, ihre Ehe ist nichts weiter als eine Farce, und wer weiß, wie lange das schon so ist. Nur, weil ich es endlich auch mitgekriegt habe, heißt das nicht, dass das eine neue Entwicklung ist. Ich bin mir sicher, wenn es darum geht, heile Welt zu spielen, legen meine Eltern regelmäßig eine Oscarperformance hin. Das wird mir nicht passieren.
Immerhin, in der Beziehung weiß ich, was ich will. Besser als nix.
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