Henry hat Fragezeichen auf der Stirn, und natürlich weiß ich, was er will. Aber ich lasse ihn lieber noch ein wenig zappeln.
“Und was?”, frage ich unschulding und beiße ein Riesenstück von Henrys berühmt-berüchtigten Käsebort ab - nicht, dass ich bisher davon gehört hätte, aber was das kulinarische Leben angeht, habe ich auch hinterm Mond gelebt, bevor ich Henry getroffen habe, sagt Henry -, damit ich auch bestimmt die nächsten fünf Minuten mit kauen beschäftigt bin.
“Was sagst du zu meinem Käsebrot? Lass dir Zeit mit der Antwort, ich bin nicht scharf drauf, von dir mit Käsebrotkrümeln bespukt zu werden. Aber glaub mir, mit diesem Käsebort könnte ich den Pepsi-Test machen, die Leute, die mein Käsebrot kennen, würden es unter Hunderten herausschmecken.”
Ich kämpfe mit dem Stück, an dem ich wahrscheinlich in 10 Minuten noch kauen werde, aber ich nicke leicht. Stimmt schon, das ist kein gewöhnliches Käsebrot. Es hat ein Aroma, das ich als typisch für Henrys Kreationen identifiziere. Ich würde den Pepsi-Test nicht nur mit dem Käsebrot bestehen, ich würde auch alles andere erkennen, das Henry gekocht hat. Damit will ich nicht sagen, dass alles, was Henry in der Küche fabriziert, gleich schmeckt, ganz im Gegenteil. Henry beherrscht es in Perfektion, den Eigengeschmack der Zutaten zu Geltung zu bringen und ihr Aroma subtil mit Kräutern und Gewürzen zu untersteichen. Ich habe zum Beispiel noch nie Karotten gegessen, die karottiger geschmeckt haben als die, die Henry macht. Ich weiß nicht, wie er das macht, ich habe meine Karotten gestern genau nach seinem Rezept gekocht, aber sie haben doch nicht so geschmeckt wie seine. Er gehört tatsächlich einfach in die Küche, wenn er nicht kochen würde, dann wäre die Welt im drei bis vier tausend kulinarische Sensationen ärmer.
“Und wenn ich dir das nächste Mal ein Brot mache, Prinzessin, dann schneid ich’s dir auch gleich in Reiterchen, damit du nicht hundert Jahre lang mit einem Stück kämpfen muss, das so groß ist, dass man mehrere Waisenkinder damit satt gekriegt hätte.”
Ich habe den Kampf endlich gewonnen und spüle mit einen Schluck Rotwein nach, der perfekt zum Käse passt. Virtuous. Meine Geschmacksknospen kriegen sich kaum ein vor Begeisterung, und dabei esse ich nur Käsebrot. Die Frage ist nicht, ob Henry einen Stern kriegt, sondern, warum er noch keinen hat. Das könnte allerdings daran liegen, dass keine Michelin-Testesser im Haus meiner Eltern verkehren. Das ist ein schockierendes Manko, ich muss meine Mutter dringend darauf ansprechen.
“Und?”
“Sei nicht so ungeduldig.”
Haha, ich wusste, dass ich irgendwann Gelegenheit dazu haben würde, diesen Spieß rumzudrehen.
“Sensationell. Ich bin sicher, dass ich das unter Millionen wiedererkennen würde. Und der Wein dazu, perfekt, genauso wie der Salat. Da dachte ich immer, Eisbergsalat wäre langweilig, ich hatte ja keine Ahnung.”
“Nicht deine Schuld, du hast einfach noch keine richtig guten Koch in deinem Leben gehabt. Zum Glück hast du mich getroffen.”
Ich denke kurz daran, wie ich vorhabe, den Rest des Abends zu verbringen und lächele.
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Pepsi-Test
“Und?”
Henry hat Fragezeichen auf der Stirn, und natürlich weiß ich, was er will. Aber ich lasse ihn lieber noch ein wenig zappeln.
“Und was?”, frage ich unschulding und beiße ein Riesenstück von Henrys berühmt-berüchtigten Käsebort ab - nicht, dass ich bisher davon gehört hätte, aber was das kulinarische Leben angeht, habe ich auch hinterm Mond gelebt, bevor ich Henry getroffen habe, sagt Henry -, damit ich auch bestimmt die nächsten fünf Minuten mit kauen beschäftigt bin.
“Was sagst du zu meinem Käsebrot? Lass dir Zeit mit der Antwort, ich bin nicht scharf drauf, von dir mit Käsebrotkrümeln bespukt zu werden. Aber glaub mir, mit diesem Käsebort könnte ich den Pepsi-Test machen, die Leute, die mein Käsebrot kennen, würden es unter Hunderten herausschmecken.”
Ich kämpfe mit dem Stück, an dem ich wahrscheinlich in 10 Minuten noch kauen werde, aber ich nicke leicht. Stimmt schon, das ist kein gewöhnliches Käsebrot. Es hat ein Aroma, das ich als typisch für Henrys Kreationen identifiziere. Ich würde den Pepsi-Test nicht nur mit dem Käsebrot bestehen, ich würde auch alles andere erkennen, das Henry gekocht hat. Damit will ich nicht sagen, dass alles, was Henry in der Küche fabriziert, gleich schmeckt, ganz im Gegenteil. Henry beherrscht es in Perfektion, den Eigengeschmack der Zutaten zu Geltung zu bringen und ihr Aroma subtil mit Kräutern und Gewürzen zu untersteichen. Ich habe zum Beispiel noch nie Karotten gegessen, die karottiger geschmeckt haben als die, die Henry macht. Ich weiß nicht, wie er das macht, ich habe meine Karotten gestern genau nach seinem Rezept gekocht, aber sie haben doch nicht so geschmeckt wie seine. Er gehört tatsächlich einfach in die Küche, wenn er nicht kochen würde, dann wäre die Welt im drei bis vier tausend kulinarische Sensationen ärmer.
“Und wenn ich dir das nächste Mal ein Brot mache, Prinzessin, dann schneid ich’s dir auch gleich in Reiterchen, damit du nicht hundert Jahre lang mit einem Stück kämpfen muss, das so groß ist, dass man mehrere Waisenkinder damit satt gekriegt hätte.”
Ich habe den Kampf endlich gewonnen und spüle mit einen Schluck Rotwein nach, der perfekt zum Käse passt. Virtuous. Meine Geschmacksknospen kriegen sich kaum ein vor Begeisterung, und dabei esse ich nur Käsebrot. Die Frage ist nicht, ob Henry einen Stern kriegt, sondern, warum er noch keinen hat. Das könnte allerdings daran liegen, dass keine Michelin-Testesser im Haus meiner Eltern verkehren. Das ist ein schockierendes Manko, ich muss meine Mutter dringend darauf ansprechen.
“Und?”
“Sei nicht so ungeduldig.”
Haha, ich wusste, dass ich irgendwann Gelegenheit dazu haben würde, diesen Spieß rumzudrehen.
“Sensationell. Ich bin sicher, dass ich das unter Millionen wiedererkennen würde. Und der Wein dazu, perfekt, genauso wie der Salat. Da dachte ich immer, Eisbergsalat wäre langweilig, ich hatte ja keine Ahnung.”
“Nicht deine Schuld, du hast einfach noch keine richtig guten Koch in deinem Leben gehabt. Zum Glück hast du mich getroffen.”
Ich denke kurz daran, wie ich vorhabe, den Rest des Abends zu verbringen und lächele.
“Ja, zum Glück.”
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