Mit Zelt und Schlafsack
posted by sonyca at 12:00 AM
Wednesday, August 30, 2006
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Mit Zelt und Schlafsack
Liz wunderte sich immer wieder über Henrys Wandelfähigkeit. Als ihre Mutter ihn bei einer ihrer Parties dazu verdonnert hatte, vor den Augen der Gäste die Sushi zu rollen und zu servieren, hatte Liz mit einer Katastrophe gerechnet. Aber Henry spielte seine Rolle nicht nur gefasst, er war so charmant, dass zumindest die weiblichen Gäste mehr aßen als für gewöhnlich. Was sie auch nicht außer Acht lassen durfte, war die Tatsache, dass Henry trotz seines rebellenhaften Aussehens der bestaussehende Mann im Saal war. An diesem Abend, im Vergleich zu der Gesellschaft, in der ihre Mutter sie gerne sehen würde, war Liz klar geworden, dass sie Henry nicht allein deswegen anziehend fand, weil eine Beziehung mit ihm für ihre Mutter absolut unakzeptabel war. Doch auch ihre Mutter war am Ende jenes Abends entzückt gewesen, was Liz aber zum großen Teil darauf schon, dass ihre Mutter den ganzen Abend zu hören bekommen hatte, dass sie da wirklich ein Goldstück gefunden hatte. Ein Goldstück mochte Henry auch in den Augen ihrer Mutter sein, aber eben eins, dass in die Küche gehörte, und nicht an die Seite ihrer Tochter.
Auf der anderen Seite schlug Henry manchmal Sachen vor, die Liz ferner nicht liegen könnten. Als er ein verlängertes Wochenende an der Cote d’Azur vorschlug, war Liz noch hellauf begeistert. Als sie erfuhr, dass er vor hatte, auf einem Zeltplatz abzusteigen, schlug ihre Begeisterung in Horror um. Sie hatte noch nie in einem Zelt geschlafen, und sie hatte nicht vor, daran etwas zu ändern. Man muss nicht alles am eigenen Leib erfahren haben, war ihr Motto in solchen Situationen, und das Leben auf einem Zeltplatz gehörte definitiv in diese Kategorie.
“Komm schon, Prinzessin, das wird fantastisch. Wir fahren einfach los und halten an, wenn es uns irgendwo besonders gut gefällt, irgendwo mit Blick auf’s Meer, dachte ich. Nur mit Zelt und Schlafsack hast du die Freiheit, dir auszusuchen, wo du bleiben willst. Wir könnten sogar Campingplatz-Hopping machen.”
Liz ließ sich oft von Henry zu Dingen überreden, die sie erstmal ausgeschlossen hatte, aber dieses Mal würde er sie nicht herumkriegen.
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