Neonlicht: Es ist kurz nach 12 Uhr mittags, aber in der Wohnung ist es düster. Erdgeschoss, die Fenster gehen nach Norden raus und davor steht ein großes undefinierbares Gewächs, das das bisschen Licht blockt, das sonst durch die kleinen Fenster hereinkäme. Die Vermieterin legt den Lichtschalter um. Es dauert einen Moment, bis die Röhren anfangen zu leuchten.
Wäre besser gewesen, sie hätte sie ausgelassen. Neonlicht geht ja gar nicht, denkt Merla. Sie will am liebsten wegrennen, aber sie hat ja keine Wahl. Gestern war sie auf dem anderen Bauwagenplatz, aber unter den Leuten da hat sie sich nicht wohlgefühlt. Viel Geld für Miete hat sie nicht übrig, also eigentlich hat sie gar kein Geld für Miete. Wenn sie sich in der Stadt eine Wohnung nimmt, muss sie eben arbeiten gehen. Sie weiß noch nicht, was für sie in Frage kommt. Aber sie will sich ja nicht für den Rest ihres Lebens in der Stadt niederlassen. Sie muss nur weg aus dem Wald, solange der Wahlkampf für die Kommunalwahlen läuft. Die sind erst in einigen Monaten, die Parteien haben früh angefangen dieses Jahr. Trotzdem, ein paar Monate schafft sie. Sie verpasst zwar den Sommer, auf den sie sich so gefreut hat, aber nächstes Jahr ist wieder Sommer. Und wenn sie jetzt im Wald bleibt, dann gibt es die Gemeinschaft nächsten Sommer vielleicht nicht mehr. Wenn sich ihre Schwester tatsächlich in den Kopf gesetzt hat, ihr das Leben zur Hölle zu machen und das bedeutet, dass dabei ein paar Nichtsnutze auf der Strecke bleiben, wird ihre Schwester nicht zweimal über die Konsequenzen nachdenken. Jeder, der auf Merlas Seite steht, fällt mir ihr.
Merla sieht sich die Wohnung an. Sie ist klein, da hat sie fast in ihrem Wagen mehr Platz. Auch im Bad und in der Küche verbreiten Neonröhren ihr steriles Licht. Sicher, die Wohnung ist billig, aber mehr Vorteile hat sie nicht.
Wenn ich hier einziehe, überstehe ich den Sommer nicht, denkt Merla. Ich muss mir wohl was anderes ausdenken.
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Neonlicht:
Es ist kurz nach 12 Uhr mittags, aber in der Wohnung ist es düster. Erdgeschoss, die Fenster gehen nach Norden raus und davor steht ein großes undefinierbares Gewächs, das das bisschen Licht blockt, das sonst durch die kleinen Fenster hereinkäme. Die Vermieterin legt den Lichtschalter um. Es dauert einen Moment, bis die Röhren anfangen zu leuchten.
Wäre besser gewesen, sie hätte sie ausgelassen. Neonlicht geht ja gar nicht, denkt Merla. Sie will am liebsten wegrennen, aber sie hat ja keine Wahl. Gestern war sie auf dem anderen Bauwagenplatz, aber unter den Leuten da hat sie sich nicht wohlgefühlt. Viel Geld für Miete hat sie nicht übrig, also eigentlich hat sie gar kein Geld für Miete. Wenn sie sich in der Stadt eine Wohnung nimmt, muss sie eben arbeiten gehen. Sie weiß noch nicht, was für sie in Frage kommt. Aber sie will sich ja nicht für den Rest ihres Lebens in der Stadt niederlassen. Sie muss nur weg aus dem Wald, solange der Wahlkampf für die Kommunalwahlen läuft. Die sind erst in einigen Monaten, die Parteien haben früh angefangen dieses Jahr. Trotzdem, ein paar Monate schafft sie. Sie verpasst zwar den Sommer, auf den sie sich so gefreut hat, aber nächstes Jahr ist wieder Sommer. Und wenn sie jetzt im Wald bleibt, dann gibt es die Gemeinschaft nächsten Sommer vielleicht nicht mehr. Wenn sich ihre Schwester tatsächlich in den Kopf gesetzt hat, ihr das Leben zur Hölle zu machen und das bedeutet, dass dabei ein paar Nichtsnutze auf der Strecke bleiben, wird ihre Schwester nicht zweimal über die Konsequenzen nachdenken. Jeder, der auf Merlas Seite steht, fällt mir ihr.
Merla sieht sich die Wohnung an. Sie ist klein, da hat sie fast in ihrem Wagen mehr Platz. Auch im Bad und in der Küche verbreiten Neonröhren ihr steriles Licht. Sicher, die Wohnung ist billig, aber mehr Vorteile hat sie nicht.
Wenn ich hier einziehe, überstehe ich den Sommer nicht, denkt Merla. Ich muss mir wohl was anderes ausdenken.
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