"Ach," sagt Martina, "das ist doch nicht der Rede wert. Es hat ja auch nicht so viel Arbeit gemacht."
Dabei winkt sie auf Hüfthöhe ab, fast so, als wolle sie ihre Arbeit wegwerfen. Sie macht ihre Leistung und sich selbst nieder. Und damit uns alle.
Warum? Ich verstehe sie nicht. Sie hat etwas geleistet, was vor zwei Tagen keiner für möglich gehalten hat - der Chef ausgenommen, natürlich. Als der Chef seine Last Minute-Änderungen angekündigt hatte, haben wir untereinander vielsagende Blicke ausgetauscht, aber keiner hat sich getraut, etwas zu sagen. Die Erinnerung daran, wie Stefan fallengelassen wurde, ist noch frisch. Stefan hatte es gewagt, dem Chef in einem Meeting mitzuteilen, dass seine Ideen nicht umzusetzten wären. Da nicken wir lieber alle, schlafen nächtelang nicht und lassen uns am Ende dafür anscheißen, was wir wieder für schlechte Arbeit geleistet haben. Wenigstens haben wir noch einen Job.
Das erklärt mir allerdings Martinas Reaktion nicht. Der Chef hat Martina gelobt! Das kommt verdammt selten vor. Sie hat es ja auch verdient. Es ist fast beängstigend, wie gut sie die Vison vom Chef umgesetzt hat, auch wenn ihr die durchgemachten Nächte und der Stress deutlich anzusehen sind. Bescheidenheit ist völlig unangebracht in Martinas Lage.
Sie hätte sagen sollen, dass es eine Höllenarbeit war, dass sie zwischendurch am Rande des Nervenzusammenbruchs stand und dass sie dafür jetzt gern den Rest der Woche freihätte. Martina befindet sich in der besten Verhandlungsposition, die sich einem von uns seit langem geboten hat. Da es schon Donnerstag Nachmittag ist, bestünde sogar eine Chance, dass der Chef sie gehen lassen würde.
Aber Martina lächelt nur demütig. Nichts ändert sich. Wenn nicht schnell einer von uns was unternimmt, werden wir noch vollständig versklavt.
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Falsche Bescheidenheit
"Ach," sagt Martina, "das ist doch nicht der Rede wert. Es hat ja auch nicht so viel Arbeit gemacht."
Dabei winkt sie auf Hüfthöhe ab, fast so, als wolle sie ihre Arbeit wegwerfen. Sie macht ihre Leistung und sich selbst nieder. Und damit uns alle.
Warum? Ich verstehe sie nicht. Sie hat etwas geleistet, was vor zwei Tagen keiner für möglich gehalten hat - der Chef ausgenommen, natürlich. Als der Chef seine Last Minute-Änderungen angekündigt hatte, haben wir untereinander vielsagende Blicke ausgetauscht, aber keiner hat sich getraut, etwas zu sagen. Die Erinnerung daran, wie Stefan fallengelassen wurde, ist noch frisch. Stefan hatte es gewagt, dem Chef in einem Meeting mitzuteilen, dass seine Ideen nicht umzusetzten wären. Da nicken wir lieber alle, schlafen nächtelang nicht und lassen uns am Ende dafür anscheißen, was wir wieder für schlechte Arbeit geleistet haben. Wenigstens haben wir noch einen Job.
Das erklärt mir allerdings Martinas Reaktion nicht. Der Chef hat Martina gelobt! Das kommt verdammt selten vor. Sie hat es ja auch verdient. Es ist fast beängstigend, wie gut sie die Vison vom Chef umgesetzt hat, auch wenn ihr die durchgemachten Nächte und der Stress deutlich anzusehen sind. Bescheidenheit ist völlig unangebracht in Martinas Lage.
Sie hätte sagen sollen, dass es eine Höllenarbeit war, dass sie zwischendurch am Rande des Nervenzusammenbruchs stand und dass sie dafür jetzt gern den Rest der Woche freihätte. Martina befindet sich in der besten Verhandlungsposition, die sich einem von uns seit langem geboten hat. Da es schon Donnerstag Nachmittag ist, bestünde sogar eine Chance, dass der Chef sie gehen lassen würde.
Aber Martina lächelt nur demütig. Nichts ändert sich. Wenn nicht schnell einer von uns was unternimmt, werden wir noch vollständig versklavt.
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